Gedenkkultur in Passau

Mit diesem Informationsangebot wollen wir Aspekte der Erinnerungsarbeit in unserer Stadt, die gleichzeitig auch Zukunftsarbeit ist, vorstellen und einen Einblick geben in vielleicht nicht uninteressante Strukturen.

Das Erinnern an die Zeit des Nationalsozialismus hat sich bei uns in Passau seit den 1990-er Jahren Stück für Stück in unterschiedlichen Facetten zu einer Kultur des Gedenkens entwickelt. Der Blick zurück zeigt, dass dieses Erinnern vor rund 30 Jahren noch schwer gefallen ist. Die Autorin Anna Rosmus hat damals damit begonnen in ihrer Heimatstadt Passau den Ereignissen und Entwicklungen während der Zeit des Nationalsozialismus nachzugehen und ihre Erkenntnisse zu publizieren.

Unsere Stadt hat in der Folge den Weg der bewussten und wissenschaftlichen Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit beschritten. Der Prozess der damit verbunden gewesen ist, war nicht bequem und ist auch nicht emotionslos verlaufen.

Damals wurde eine Entwicklung in Gang gebracht, die bis heute positiv nachwirkt. Die Kultur des Gedenkens gehört heute als wichtiger Bestandteil zum öffentlichen Leben in unserer Stadt. Eine Vielzahl von Aktionen, Initiativen und Projekten von Stadt und engagierten Bürgern, allen voran der seit Jahren aktive Arbeitskreis Christen und Juden, belegen das Bedürfnis der Stadt und ihrer Bürger aufmerksam und achtsam mit dem Thema umzugehen und Bewusstseinsarbeit für die Zukunft zu leisten.

Erinnerungsarbeit ist wichtig und notwendig, um den Weg in eine gute Zukunft zu bereiten, denn sie soll uns und die uns nachfolgenden Generationen schützen vor menschlichen Katastrophen, wie sie die nationalsozialistische Ideologie produziert hat. In diesem Sinne ist uns in Passau vor allem wichtig den Stab des Gedenkens auch an die jungen Leute weiterzugeben. Die Stadt versucht die Jugend aktiv in die Erinnerungsarbeit einzubeziehen und wird dabei von den Schulen unterstützt.

Wichtige Grundlagenarbeit wurde geleistet durch die wissenschaftliche Aufarbeitung und Dokumentation der Zeit des Nationalsozialismus und die Geschichte von jüdischem Leben in Passau. Buchprojekte, wie das in der Schriftenreihe der Universität Passau von Prof. Dr. Winfried Becker herausgegebene Werk über „Passau in der Zeit des Nationalsozialismus“ mit einem Beitrag auch zur Geschichte der Passauer Juden in der Zeit von 1933-1945 und ein in der Dokumentation zur Errichtung des Mahnmals erschienener Beitrag von Dr. Stefan Rammer über „Aspekte jüdischen Lebens in Passau“ geben umfassend Information. Eine interessante Ergänzung dazu bieten Zeitzeugenberichte im Buch „Alltag, der nicht alltäglich war“, das vom Stadtarchiv Passau herausgegeben wurde.  Im Oberhausmuseum Passau informiert die Abteilung Verfolgung und Vertreibung der jüdischen Minderheiten im 15. Jh. unter anderem mit einer Multimediaschau über das Thema Antijudaismus. 

"Der Name ihrer Stadt gibt mir Hoffnung“ – das waren die Worte von Dr. Ralph Giordano, dem für sein journalistisches Werk und politisches Engagement mehrfach ausgezeichneten Holocaustüberlebenden, am Ende einer vielbeachteten Rede am 9. November 2008 in Passau, im Rahmen des Gedenkens an die Reichspogromnacht vor 70 Jahren. Damit brachte er seinen Respekt vor der Erinnerungsarbeit, die in unserer Stadt  geleistet wird, zum Ausdruck.

Gedenkkultur in Passau ist, wie wir denken, ein Prozess der weitergehen wird! Mittlerweilen kümmern sich auch unsere jungen Leute in besonderer Weise um das Thema, wobei jede Generation gewiss ihre eigene Form dafür entwickeln wird. Der Blick zurück ist und bleibt notwendig, denn er gibt Orientierung für die Zukunft. In diesem Zusammenhang gilt es sich um das Denken unserer Jugend zu kümmern und demokratisches Verhalten, ziviles Engagement, Toleranz und die Weltoffenheit der jungen Leute zu fördern. 

Bei einem Treffen im Passauer Rathaus am 27. Mai 2009, zu dem alle Schulleiter der Stadt eingeladen waren, wurde von Oberbürgermeister Jürgen Dupper zum Ausdruck gebracht, dass die Stadt im Rahmen ihrer Möglichkeiten die Schulen bei dieser für unsere Gesellschaft wichtigen Bewusstseinsarbeit unterstützen wird. Natürlich engagieren sich unsere Schulen bereits in vielfältiger Weise, so zum Beispiel die bei uns in Passau zertifizierten „Schulen ohne Rassismus – Schulen mit Courage“. Dieses Engagement kann nicht früh genug beginnen und so wurde zum Beispiel in der Grundschule Innstadt schon vor längerem in Zusammenarbeit mit einer dem Arbeitskreis Christen und Juden angehörenden früheren Religionspädagogin ein Projekt gestartet. Alljährlich werden Schüler der jeweiligen 4. Klassen im Umfeld des Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus, anhand der Geschichte der Kinder aus Theresienstadt, mit dem Thema NS-Vergangenheit und dem in unserer globalisierten Welt zunehmend wichtigen Thema „Toleranz“ in Berührung gebracht und wird versucht ihnen eine Vorstellung von der Bedeutung des Mahnmals für die Opfer des Nationalsozialismus in Passau zu geben. 

Anzumerken bleibt, dass es im Laufe der Zeit eine ganze Reihe, von der Stadt Passau realisierter großer Veranstaltungsprojekte gab, die die Erinnerungsarbeit in Passau unterstützen sollten, wie zum Beispiel Anne-Frank-Wochen mit Ausstellung und viel Programm, eine umfangreiche Veranstaltungsreihe die der Geschichte Israels und der Geschichte des Judentums gewidmet war, ein Baumpflanzprojekt in Zusammenarbeit mit dem Jüdischen Nationalfonds e.V. im KKL Park in Jerusalem, Ausstellungsprojekte über Strukturen des christlichen Antijudaismus, Ausstellungsprojekte mit dem MAGNUM-Fotografen und ehemaligen jüdischen Mitbürger Erich Hartmann über Konzentrationslager, eine Ausstellung mit Werken von Künstlern aus dem KZ Flossenbürg, eine Reihe von Zeitzeugen war mit interessanten Vorträgen in unserer Stadt zu Gast und vieles, vieles mehr.

Erinnerungs- und Zukunftsarbeit verstehen wir in Passau als einen immerwährenden gesellschaftlichen Auftrag, den wir mit unseren Möglichkeiten versuchen zu erfüllen!

Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus in Passau

Ein wichtiger Baustein der Gedenkkultur in Passau ist das „Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus“ an der Innpromenade.

Das vom österreichischen Bildhauer Wolfgang Kirchmayr geschaffene Mahnmal, dessen Realisierung einiger Anläufe bedurft hat, ist seit seiner Enthüllung  am 10. November 1996 ein weithin sichtbares Zeichen unseres Bemühens um das Erinnern und gegen das Vergessen.

Die Stadt organisiert dort alljährlich Gedenkveranstaltungen, begleitet von kulturellem Programm und versucht in diesem Rahmen ein Bewusstsein zu geben für die elementaren Lehren von der Würde des Menschen und ihrer Verletzlichkeit, zu sensibilisieren für die Gefährdungen der Demokratie und für die Verantwortung jedes Einzelnen.

Die Errichtung des Mahnmals wurde begleitet von der Herausgabe einer Broschüre, die neben der Entstehungsgeschichte des Mahnmals, unter anderem auch Gedanken von Historiker und Politikwissenschaftler Prof. Dr. Peter Steinbach zur „Anstrengung der Erinnerung“ und einen Beitrag des Passauer Autors Dr. Stefan Rammer über „Aspekte jüdischen Lebens in Passau“ beinhaltet.

Gedenktafel für die Jüdin Lydia Zach und ihren Ehemann Josef Zach
verbunden mit dem Gedenken an die ehemaligen jüdischen Mitbürger in Passau

Seit 1994 erinnert, auf eine Initiative von Anna Rosmus zurückgehend, eine Gedenktafel an der Grabstätte von Lydia und Josef Zach im Passauer Innstadtfriedhof an die während der NS-Zeit in Passau verfolgten jüdischen Mitbürger und an all diejenigen, die ihnen damals geholfen haben.

Dank ihres couragierten Ehemanns, des Passauer Katholiken Josef Zach, hatte die Jüdin Lydia Zach die NS-Zeit in Passau unbeschadet überstanden.

Gedenken an die ehemaligen jüdischen Mitbürger
Ein vom Stadtjugendring Passau und dem Kulturamt initiiertes Schulprojekt

Der Holocaust an den Juden, das schrecklichste Verbrechen in der Geschichte der Menschheit, weist uns einen klaren Weg in die Zukunft. Von Generation zu Generation muss versucht werden ein Bewusstsein dafür zu schaffen, wie wichtig es ist Toleranz zu üben und Menschen, egal welcher Abstammung sie sind und welche Traditionen sie haben, mit Achtung und Respekt zu begegnen.

Im Jahr 2004 gab es in Passau anlässlich des Gedenkens an die Reichspogromnacht vom     9. November 1938, ein Schulprojekt im Rahmen dessen mehr als 100 Schüler in der Altersstufe zwischen 15 und 20 Jahren die Geschichte der jüdischen Mitbürger während der NS-Zeit in Passau im Stadtarchiv recherchierten.
Im Rahmen einer  Gedenkstunde am 9. November 2004 wurden die so ermittelten Biografien der Familien verlesen. Vor den ehemaligen Wohn- und Geschäftshäusern der jüdischen Mitbürger brannten an diesem Tag  von den Schülern dort platzierte Kerzen. So wurde an diesem 9. November 2004 jedem Einzelnen der ehemaligen jüdischen Mitbürger symbolhaft wieder ein Platz in unserer Stadt gegeben.

Gedenktafel an das Judenpogrom im Jahre 1478
an der profanierten Kirche St. Salvator

An der profanierten Kirche St. Salvator mahnt seit März 2005 eine Tafel zum friedlichen Miteinander von Völkern und Religionen sowie von Christen und Juden. An dem Ort, an dem die Kirche heute steht, befand sich im Mittelalter die Synagoge der jüdischen Gemeinde in Passau.

Die Gedenktafel erinnert an das Judenpogrom des Jahres 1478 sowie die damit verbundene Zerstörung der Synagoge und benennt genau die Ereignisse von damals, denn das Unrecht, das den Juden der damaligen Zeit zugefügt wurde, ist Teil der unheilvollen Geschichte, die schließlich im Holocaust ihren Höhepunkt fand. 

Anstoß zu dieser Gedenktafel gab eine in den Medien geführte öffentliche Diskussion über den Umgang mit steinernen Zeugen einer antijüdischen Vergangenheit.

Die Tafel wurde am 8. März 2005 vom damaligen Oberbürgermeister Albert Zankl gemeinsam mit Diözesanbischof Wilhelm Schraml, im Rahmen einer großen Veranstaltung in St. Salvator, im Beisein von Vertretern der Israelitischen Kultusgemeinde Straubing, enthüllt.

Gedenktafel für ermordete russische Kriegsgefangene
am Adalbert-Stifter-Gymnasium Passau

Der Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus verband sich am 27. Januar 2009 mit der Enthüllung einer vom Kulturamt der Stadt Passau initiierten Gedenktafel am Passauer Adalbert-Stifter-Gymnasium. Diese Tafel soll ins Bewusstsein bringen, was Krieg, Gewalt und eine menschenverachtende Ideologie in der Zeit des Nationalsozialismus an Leid über die Menschen gebracht haben.

In den Jahren 1945 – 1956 befand sich auf dem jetzigen Sportplatzgelände der Schule die letzte Ruhestätte von russischen Kriegsgefangenen, die am 26. April 1945 von einer militärischen Einheit, deren Identität nie geklärt werden konnte, im Neuburger Wald im Bereich Ingling erschossen wurden. Ebenfalls hier bestattet wurden die wenigen ihrer namentlich bekannten Kameraden, die in Passauer Lazaretten verstorben waren. Im Oktober/November 1956 wurde der Friedhof aufgelöst und die sterblichen Überreste der 139 russischen Kriegsgefangenen in die Kriegsgräberstätte Neumarkt/Oberpfalz umgebettet.
Die Gedenktafel am Gebäude des Adalbert-Stifter-Gymnasiums erinnert an diese Opfer und mahnt Verantwortung zu übernehmen für eine demokratische, freie und friedlichtolerante Gesellschaft in Gegenwart und Zukunft.

Denkmal für die in Passau-Ingling ermordeten sowjetischen Kriegsgefangenen

Am 30. Oktober 2020 wurde zum Gedenken an die am 26. und 28. April in Ingling ermordeten russischen bzw. sowjetischen Kriegsgefangen, 75 Jahre nach dem Verbrechen, ein Denkmal aufgestellt. Die Errichtung dieses Mahnmals hatte erstmals der Passauer Geschichtsforscher Heinz Kellermann in einem Brief an Oberbürgermeister Jürgen Dupper angeregt. 

Die von Alois Feuerer im August 2019 gegründete Initiative mit den Mitstreitern Dr. Winfried Helm, Hubert Huber, Dr. Martin Ortmeier und Toni Schuberl sorgte dann für die mit Spenden Passauer Bürger finanzierte Realisierung des von Hubert Huber gestalteten Mahnmals. In die Arbeit zur Realisierung waren Schüler des Adalbert-Stifter-Gymnasiums einbezogen. Sie erarbeiteten mit ihren Lehrern Johann Riermeier und Florian Oberhansl Beiträge, von denen eine Auswahl über einen am Denkmal angebrachten QR-Code abgerufen werden kann. 

Kunstprojekte „Sowjetische Kriegsgefangene“ mit Schülerinnen und Schülern der Q11/12 des Adalbert-Stifter-Gymnasiums Passau unter der Leitung des Kunstlehrers Florian Oberhansl:

Gedenktafel für die jüdischen Schülerinnen des Gisela-Gymnasiums Niederburg Margot und Rosa Grünebaum
und alle ehemaligen jüdischen Mitbürger in der NS-Zeit

 

Im Rahmen eines Projekt-Seminars haben sich Schülerinnen des Gymnasiums der Gisela Schulen Niedernburg im Herbst 2009 auf die Spuren der in der NS-Zeit in Passau lebenden jüdischen Familien begeben.

Diese Spurensuche hat eine Gedenktafel für ehemalige jüdische Schülerinnen in Niedernburg hervorgebracht, die sich auch mit der Erinnerung an alle ehemaligen jüdischen Mitbürger in Passau verbindet. Die Gedenktafel wurde am 27. Januar 2011, dem Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus, der Öffentlichkeit vorgestellt. Ein Projekt das nicht nur für die Schule, sondern vor allem auch für unsere Stadt von Bedeutung ist, geht es dabei doch um einen wichtigen Beitrag zur Gedenkkultur.

Die Schülerinnen haben das Unrecht von damals in einer sehr nachhaltigen Form sichtbar werden lassen und geben im Besonderen den namentlich auf der Gedenktafel genannten früheren Niedernburg-Schülerinnen Margot und Rosa Grünebaum, die beide ihr Leben lang die alte Heimat sehr vermisst haben, wieder etwas von der ihnen damals verwehrten Achtung und Wertschätzung zurück.

Auch diese Gedenktafel wird dazu beitragen, dass Erinnerungsarbeit in unserer Stadt eine Zukunft hat. Von ihr sollen Impulse ausgehen für Mitmenschlichkeit und Toleranz und sie soll auffordern wachsam zu sein gegenüber Vorurteilen und Klischees. Auch künftige Schülerinnen-Generationen werden durch die Gedenktafel in Berührung gebracht mit der Bedeutung, der in unserem Grundgesetz verankerten Unantastbarkeit der Würde des Menschen und mit der Verantwortung, die für jeden Einzelnen daraus erwächst.

Erinnerung an die Jüdische Nachkriegsgemeinde in Passau

Am 17.10.2014 wurde das Kunstprojekt „Engel der Kulturen“ der bildenden Künstler Gregor Merten und Carmen Dietrich in Passau verwirklicht. Ein runder Stahlhohlkörper mit den Symbolen der drei monotheistischen Weltreligionen, der in der Mitte den Umriss eines Engels zeigt, wurde mitten in der Passauer Fußgängerzone in den Boden eingelassen. Die Bodenintarsie soll ein Symbol für Toleranz und gegenseitiges Verstehen sein.

Eine größere Version dieser Skulptur wurde davor in Form einer Prozession zu verschiedenen Stationen in der Stadt gerollt, die sich mit diesen Weltreligionen verbinden. Für das Judentum wurde Station auf dem Europaplatz gemacht. Ganz in der Nähe befindet sich das Hotel „Deutscher Kaiser“. Dort fand zuletzt jüdisches Leben in Passau statt. In diesem Gebäude befand sich nach dem Krieg, bis Ende der 1940-er Jahre, die „Jewish Community Passau“.

Mit einer Fotoausstellung des Stadtarchives auf dem Europaplatz und Informationen von Dr. Stefan Rammer wurden die Teilnehmer der Veranstaltung im Rahmen des Projektes „Engel der Kulturen“ über die Existenz der Jüdischen Nachkriegsgemeinde informiert.

Folgender Artikel von Jim Tobias vom Nürnberger Institut für NS-Forschung und jüdische Geschichte des 20. Jahrhunderts e.V. mit Fotos aus dem Stadtarchiv Passau - die im jüdischen Online-Magazin haGalil veröffentlich wurden - gibt einen Einblick in dieses Stück Passauer Zeitgeschichte und erinnert an vergangenes jüdisches Leben in unserer Stadt.

Erinnerung an das Ende des Zweiten Weltkrieges und das Ende der NS-Gewaltherrschaft vor 70 Jahren

Am 8. Mai 1945 endete der von Deutschland entfachte Zweite Weltkrieg in Europa und mit ihm die Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten. 

Das Ende des Krieges stand für unzählige Menschen im Zeichen von Ungewissheit und Angst vor der Zukunft. Die Situation in Passau war zu dieser Zeit von einer großen Flüchtlingswelle aus dem Osten Europas geprägt. Schon im Januar 1945 waren die Stadt und das Umland von Passau Ziel von Flüchtlingen aus Schlesien, die mit Pferdefuhrwerken und in überfüllten Zügen Passau erreichten. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges und in der unmittelbaren Nachkriegszeit kamen des Weiteren viele deutschstämmige Flüchtlinge aus Böhmen. Im September 1945 befanden sich über 28.000 Flüchtlinge und Vertriebene sowie Displaced Persons in der Stadt. Mitten in Passau gelegen, wurde die Klosteranlage von St. Nikola, neben dem Barackenlager in Schalding r.d.Donau, zu einem der größten Flüchtlingslager im Bereich Niederbayern/Oberpfalz. Allein in St. Nikola lebten im Herbst 1945 rund 4.400 Menschen. Für sie alle wurde das Areal des ehemaligen Augustinerchorherrenstiftes zu einer ersten Heimstatt, nachdem sie durch den Krieg ihr Hab und Gut verloren hatten. Für eine ganze Reihe von ihnen blieb es ein Zuhause bis zum Teil in die 1970-er Jahre hinein.

Augustinerchorherrenstift – Kaserne/Brauerei – Flüchtlingslager – Kloster der Deutschordensschwestern und Universität - St. Nikola ist ein Ort mit einer sehr wechselvollen Geschichte. Anlässlich des Gedenkens an das Ende des Zweiten Weltkrieges und der NS-Gewaltherrschaft vor 70 Jahren werden am 8. Mai 2015 im großen Innenhof von St. Nikola 2 Stelen enthüllt, auf denen diese wechselvolle Geschichte der Klosteranlage erzählt wird.

Weitere Informationen zu St. Nikola finden Sie hier:
Besuche ehemaliger jüdischer Mitbürger

Zu Beginn der 1980-er Jahre hatte sich die Passauer Schülerin Anja Rosmus-Wenninger (heute Anna Rosmus) auf Spurensuche begeben und die Lebenswege und Schicksale der ehemaligen jüdischen Mitbürger, die in der Zeit des Nationalsozialismus in Passau gelebt haben, erforscht. Die Ergebnisse ihrer Recherchen fasste sie 1983 in ihrem ersten Buch „Widerstand und Verfolgung am Beispiel Passaus 1933-1939“ zusammen.

Initiiert von Anna Rosmus, hat die Stadt Passau in der Zeit danach, dem Beispiel anderer deutscher Städte folgend, ehemalige jüdische Mitbürger, die in der Zeit des Nationalsozialismus Passau verlassen mussten, zu einem Besuch in ihre frühere Heimatstadt eingeladen.

Als erstes kam 1986 Robert Klein aus San Francisco zusammen mit seiner Frau nach Passau. 1987 besuchte Ilse Grünebaum aus New York die Stadt. 1988 waren Arthur Otto Burian und seine Schwester Trude Berkey aus Florida zu Gast. 1991 wurden Kurt Hartmann aus Carmel/Kalifornien, Erich Hartmann aus New York und Ruth Kaufmann, geb. Hartmann aus Norwalk/Connecticut begrüßt. 1992 war Günter Blättner aus San Jose/Kalifornien gemeinsam mit seiner Tochter hier in Passau zu Gast.